Namd Wilhelm,
ich habe heute folgenden Beitrag bei T-Online gelesen.
Copyright bei T-Online!
Wie würdest du das dort Geschriebene bewerten? Oder ist er sogar von dir?
"Ich weiß, dass ich nichts weiß", wusste Sokrates schon vor 2.400 Jahren, und der wusste allerhand. Mehr jedenfalls als die meisten seiner Zeitgenossen, und vermutlich auch mehr als die meisten heutigen Bescheidwisser. Leider steht der griechische Meisterdenker mit seiner Erkenntnis ziemlich allein auf weiter Flur. Wohin man auch schaut: Allerorten brüsten sich heutzutage Dumpfbacken, deren geistiger Horizont allenfalls bis zur hochgereckten Nasenspitze reicht, ihrer vermeintlichen Großartigkeit – und viele haben damit seltsamerweise großen Erfolg.
Der amerikanische Donald ist ein Paradebeispiel für diese Spezies. Dem Mann mangelt es zwar erkennbar an politischem, wirtschaftlichem und sonstigem Basiswissen, an Empathie sowieso – trotzdem zeigt er sich ernsthaft überzeugt, jedes noch so komplizierte Problem quasi im Vorbeigehen lösen zu können; seien es Kriege, Handelsdefizite oder Flüchtlingskrisen. Dass seine Versuche überwiegend im Fiasko enden, schmälert seine Egomanie nicht im Geringsten.
Auch hierzulande trifft man auf die Gattung der vermeintlichen Alleskönner. Frau Weidel und Herr Baumann von der AfD zählen unüberhörbar dazu sowie grob geschätzt zwei Drittel der Schreihälse, die TikTok, X und andere digitale Kloaken bevölkern. Aus den Mündern und Accounts schwappt minütlich die unerschütterliche Überzeugung, so ziemlich sämtliche Herausforderungen bewältigen zu können, wenn man sie nur ließe – vom Nahostkonflikt über die Transferpolitik des FC Bayern bis zur Ruckzuck-Diät.
Woran liegt es, dass so viele Einfaltspinsel grenzenloses Selbstbewusstsein entwickeln? Überzeugungen (Mentalität, Glaube, Ideologie), Taktik (Lobbyismus, Manipulation, Demagogie) und Pathologie (Geltungsdrang, Hybris, Narzissmus) mögen eine Rolle spielen, aber das erklärt noch nicht den erstaunlichen Erfolg so vieler Dünnbrettbohrer.
Ein Blick ins psychologische Lehrbuch hilft weiter. Dort lesen wir vom Dunning-Kruger-Effekt, der in der Wissenschaft heiß diskutiert wird und gegenwärtig in vielen Tischgesprächen auftaucht: Er soll erklären, warum in diesen wilden Zeiten so viele minderbemittelte Typen an den Hebeln der Macht sitzen statt all der klugen, vernünftigen und rücksichtsvollen Menschen, die es zweifellos in jedem Land ausreichend gibt.
Die Studie, die David Dunning und Justin Kruger bereits 1999 veröffentlichten, hat es in sich: Die amerikanischen Psychologen fanden heraus, dass Unwissenheit bei vielen Menschen tatsächlich zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen. Durch eine kognitive Verzerrung neigen Leute mit geringer Kompetenz dazu, ihre eigenen Fähigkeiten krass zu überschätzen und die Fähigkeiten anderer Personen zu unterschätzen. Kurz gesagt: Dumpfbeutel sind zu blöd, ihre eigene Dummheit zu erkennen, und halten sich deshalb für oberschlau. Um das herauszufinden, hätten wir zwar keine wissenschaftliche Studie gebraucht, aber die akademische Untermauerung stellt die anekdotische Annahme auf eine fundierte Basis.
Vier Defizite haben Dunning und Kruger bei inkompetenten Menschen beobachtet:
• Diese überschätzen erstens oft ihre eigenen Fähigkeiten.
• Sie sind zweitens unfähig, ihre intellektuellen Grenzen und das Ausmaß ihrer Inkompetenz zu erkennen.
• Aufgrund ihrer Ignoranz bemühen sie sich drittens auch gar nicht darum, ihr Wissen zu mehren.
• Dadurch unterschätzen sie viertens die überlegenen Fähigkeiten anderer Menschen, weil sie schlicht nicht kapieren, wie komplex und anspruchsvoll ein Thema ist.
Das Ergebnis dieses vierfachen Versagens ist eine stupide Blindheit jedem und allem gegenüber. Das ist nicht weiter schlimm, solange die Betreffenden im Gehege ihres friedlichen Alltags verharren. Paart sich die Blindheit jedoch mit ideologischen Hirngespinsten, demagogischer Begabung oder pathologischem Narzissmus, dann wird es gefährlich. Dann kann so eine Person die ganze Welt aus den Angeln heben. Historische Beispiele finden sich zahlreiche, aber der Blick über den großen Teich nach Washington genügt ja schon.
Was genau sich der Donald für heute vorgenommen hat, erfahren wir deshalb nicht aus Regierungserklärungen, Gesetzen oder staatlichen Verträgen, sondern aus seinem Social-Media-Feed auf dem Propagandakanal "Truth Social". Dort beschimpft der Musterproband für den Dunning-Kruger-Effekt sieben Monate nach seinem Wahlsieg immer noch seinen Vorgänger Joe Biden, feuert nach Belieben Behördenleiter, befiehlt der ganzen Welt, ein Trump-Huldigungsbuch zu kaufen, und lässt auch sonst seiner ununterbrochenen Logorrhö freien Lauf.
Viele Zeitgenossen scheinen sich mittlerweile an den täglichen Wahnsinn aus Washington gewöhnt zu haben. Man darf sich aber nicht daran gewöhnen. Er ist nicht normal. Er ist pathologisch. Demokratien werden Strategien entwickeln müssen, Soziopathen künftig aus Staatsämtern fernzuhalten. Andernfalls droht die Weltherrschaft der Idioten.
Gruß
stefan
"An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.(Erich Kästner)"
"FECI QUOD POTUI FACIANT MELIORA POTENTES"
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.06.25 19:39.