Das Wichtigste vorweg: Es ist nach wie vor kein Anbieter eines Rußpartikelfilters (RPF) zum Nachrüsten für W123-Diesel bekannt (Stand: Juni 2006).
Daran wird sich auch möglicherweise nichts ändern. Nach Aussage eines kleineren Herstellers von Katalysatoren vom Mai 2006 ist ein RPF für W123 und ältere Fahrzeuge wegen der enorm hohen Prüfkosten von über 20.000 Euro eher unwahrscheinlich.
Aktualisierungen und Ergänzungen dringend erbeten!
Der Stand der Dinge (2. Juni 2006)
(Alle Angaben nach bestem Wissen, aber alles ohne Gewähr!):
Plaketten. Das Bundeskabinett hat am 30. Mai 2006 die Kennzeichnung aller Fahrzeuge nach Partikelausstoß in vier Schadstoffstufen beschlossen. Gekennzeichnet werden Pkw von Euro 2 bis Euro 4 sowie Lkw und Busse von Euro II bis Euro V. Pkw Stufe 4 erhalten eine grüne Plakette, Gruppe 3 eine gelbe, Gruppe 2 eine rote. Pkw mit Euro 1 und schlechter bekommen gar keine Plakette und dürfen bei Fahrverboten nicht im entsprechenden Gebiet fahren. Pkw mit Abgasnorm Euro 4 (und natürlich der geplanten Euro 5) erhalten übrigens generell eine grüne Plakette, auch dann, wenn sie nicht mit einem RPF ausgerüstet sind. Eine eigene Stufe 5 wird es, anders als zeitweise geplant, zunächst nicht geben.
Stufe-4-Pkw dürfen in jedem Fall auch bei Innenstadt-Fahrverboten unterwegs sein, Fahrzeuge ohne Plakette in jedem Fall nicht. Durch Nachrüstung mit einem RPF kann der Wagen in eine bessere Schadstoffgruppe aufsteigen.
Die Aufkleber sollen nur einen Euro kosten und bei allen Behörden und den rund 30.000 AU-ausführenden Werkstätten zu haben sein. In der Anlage 26 zur STVZO ist festgehalten, welche Grenzwerte ein Partikelfilter für welche Schadstoff-Stufe zu erfüllen hat.
In Kraft treten kann die Verordnung erst nach einem Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission, dem die offiziele Verkündung und eine fünfmonatige Wartezeit folgen muss. Vor Februar 2007 wird die Regelung also kaum wirksam werden.
Fahrverbote. Wenn in einer Stadt oder Gemeinde die gültigen Grenzwerte für Feinstaubbelastung überschritten werden, entscheidet die Kommunalverwaltung, ob und wann welche Fahrverbote verhängt werden (frei fabuliert: zum Beispiel ein Fahrverbot von 7 bis 18 Uhr im Innenstadtbereich von Bergisch-Gladbach für Fahrzeuge der Schadstoff-Stufen unterhalb von 3). Da schon Ende Februar 2006 zwölf Messstationen 25 von 35 erlaubten Überschreitungen vermeldet hatten, wird es mit Sicherheit im laufenden Jahr zu Fahrverbote kommen. Und es wird nicht besser: Stuttgart etwa will ab 2012 auch Autos der Klasse 2 aus der Innenstadt aussperren.
Aber: Wer auf dem Land wohnt und nicht zu festen Zeiten in Großstädte fahren muss, wird von den Fahrverboten kaum betroffen werden. Und für Großstadtbewohner wird es möglicherweise Ausnahmeregelungen geben, ähnlich der seinerzeitigen für Smog-Alarm. Irgendwie muss das werktätige Pendlervolk ja an seinen Arbeitsplatz kommen. Generell gilt: Fragen kann nur die zuständige Stadt- oder Gemeindeverwaltung beantworten. Wer also seinen Einkauf in der Großstadt bei Feinstaub-Alarm auch mal verschieben könnte, für den ergibt die Nachrüstung eines Filters nur unter Umwelt-Gesichtspunkten Sinn oder um den Wiederverkaufswert seines Wagens zu erhöhen. Um die Umwelt zu schonen, ließe sich auch Pflanzenöl tanken, und der Verkaufsaspekt dürfte sich kaum rechnen.
Förderung. Die Frage der Förderung ist weiterhin offen. Am 1. Juni 2006 stellte die Bundesregierung folgenden Plan vor: Wer einen RPF nachrüstet, soll eine Erstattung von 300 Euro auf seine Kfz-Steuer bekommen. Das wäre gut. Wer ab 2007 noch einen Diesel ohne RPF kauft, muss 300 Euro zusätzlich auf die Kfz-Steuer draufzahlen. Das wäre nicht so gut. Und wer 2008 und 2009 weiterhin noch ohne RPF unterwegs ist, muss jeweils 40 Euro zusätzlich an Steuer bezahlen.
Das ist ganz, ganz schlecht, denn es betrifft voraussichtlich auch uns W123-Fahrer. Sollte für uns W123-Fahrer am Markt weiterhin kein Filtersystem angeboten werden, dürfen wir über den Straf-Aufschlag wohl die Umrüstung unserer lachenden Nachbarn mitfinanzieren.
Die Förderung von 300 Euro soll noch 2006 beginnen und bis 2008 laufen.
Die Bundeslänger, vor allem die CDU-/CSU-geführten Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben den Vorschlag am 2. Juni 2006 abgelehnt. In einem Gegenentwurf Bayerns gibt es zwar auch noch die Förderung einer Filternachrüstung mit 300 Euro. Gegenfinanziert werden soll dies aber durch eine generelle Erhöhung der Kfz-Steuer für filterlose Autos um elf Prozent bzw. 30-60 Euro pro Jahr. Diese sollte bis mindestens 2010 laufen, könne aber auch länger greifen.
Solange die Förder-Konditionen noch nicht offiziell sind, scheint es auch noch nicht sinnvoll, jetzt schon sein Auto nachzurüsten (es werden ja schon diverse Nachrüst-RPF für moderne Fahrzeuge angeboten). Ob die 300 Euro nämlich auch rückwirkend noch von der Kfz-Steuer abgezogen werden, darf sehr bezweifelt werden.
Technik. Es gibt generell zwei Arten von Filtersystemen: offene und geschlossene.
Zur Nachrüstung werden derzeit nur offene (ungeregelte) Filter angeboten, denn sie benötigen weder Eingriffe ins Motormanagement (kann einem W123-Fahrer mal jemand erklären, was das ist?) noch die Einspritzung von flüssigen Additiven zur Verbrennung von Rückständen. Sie mindern den Rußpartikelausstoß um mindestens 30 bis 40 Prozent und können das Fahrzeug je nach vorhandener Euro-Norm-Stufe auf PM 1 bis PM 3 bringen.
Geschlossene Systeme sind technisch deutlich aufwändiger, mit
bis zu 90 Prozent Partikelreduzierung auch entsprechend effektiver und
können die PM-Stufe 5 schaffen. Sie werden derzeit nur für Neufahrzeuge
und nicht zur Nachrüstung angeboten, würden aber angeblich rund 1.000
bis 1.500 Euro kosten (ein teurer Spaß für die vage Aussicht auf etwas
zusätzliche Fahrfreiheit). Es gab Forderungen, für solche Systeme eine
erhöhte Förderung von 600 Euro anzubieten. Sehr zu fürchten ist
allerdings, dass kein Hersteller jemals den immensen
Konstruktionsaufwand für unsere Steinzeitdiesel auf sich nehmen wird.
Anbieter. Bekannte Hersteller von Rußpartikelfiltern sind unter anderem HJS, TwinTec, Vitkus und Oberland-Mangold (weitere bitte nachtragen!). Einen spezifischen Filter für den W123 hat derzeit (März 06) keiner dieser Vier im Lieferprogramm auf seiner Homepage (es gibt noch nicht mal Filter für die W124er oder 190er-Motoren). Aber vielleicht kommt das noch, schließlich waren unsere Motoren (vor allem der 240er und 300er) ja durchaus häufig und auch in diversen Lieferwagen und G-Modellen verbaut. Ein kleinerer Hersteller hat schon einmal signalisiert, bei entsprechendem Interesse (etwa 50 Stück) in die Serienproduktion eines Filters für den W123 einsteigen zu wollen.
Kaufpreis. Die derzeit angebotenen Nachrüst-RPF kosten etwa 500 bis 800 Euro. HJS gibt für seinen "City-Filter" einen Verkaufpreis zwischen 650 und 750 Euro an. Ein Experte vergleicht diese offenen Filter mit den alten ungeregelten Abgas-Katalysatoren (U-Kats). Sie gab es in der Anfangszeit der Kat-Ära zum einfachen und preisgünstigen Nachrüsten für viele Fahrzeugtypen (und wir erinnern uns, dass die Steuervorteile, die sie brachten, irgendwann auf Null reduziert wurden...).
Einbau & Eintrag. Die Einbauzeit des Partikelfilters in den Abgastrakt wird mit rund einer Stunde geschätzt (eine große Werkstattkette bietet angeblich einen Pauschalpreis von 50 Euro für den Einbau). Der Einbau muss durch eine zur AU-Durchführung berechtigte Werkstatt erfolgen oder aber der Filter von einem Sachverständigen abgenommen werden. Die Zulassungsstelle trägt dann anhand von Abnahmebescheinigung und ABE die Nachrüstung in die Fahrzeugpapiere ein.
Übel: Sofern es sich um ein Filtersystem handelt, das zusätzlich
zu einem vorhandenen Oxi-Kat eingebaut wird, darf dieser Kat nicht
älter als fünf Jahre sein und maximal 80.000 km auf dem Buckel haben -
ansonsten ist ein neuer fällig. Beim Filterkauf sollte man also genau
nachrechnen: Wenn der Oxi-Kat schon vor 2001 eingetragen wurde, müsste ein neuer angeschafft werden. Da käme ein kombinierter Filter mit eingebautem Oxikat unter Umständen billiger.
Anmerkung 1: Dieses Gedankenspiel setzt voraus, dass für den W123
überhaupt einmal RPF mit und alternativ solche ohne eingebauten Oxi-Kat
angeboten werden.
Anmerkung 2: Steht in den seit Herbst 2005 geltenden EU-einheitlichen
Kfz-Papieren überhaupt noch drin, wann ein Oxi-Kat nachgerüstet wurde?
Besteuerung. Blöd: Die steuerliche Einstufung des Wagens (Euro 1 etc.) ändert sich durch die Nachrüstung eines Filters leider nicht, da die relevanten Schadstoffe (Kohlenmonoxid CO, Kohlenwasserstoffe HC und Stickoxide NOx) durch den Filter nicht reduziert werden. Die Schlüsselnummer im Schein bleibt also ebenfalls gleich. Dafür gibt es einen Eintrag im Bemerkungs-Feld wie: "Stufe PM 1 nachger. m. Typ: ...; KBA ... ab (Datum)".
Das Leben mit dem Filter. Auch die AU-Intervalle und -Grenzwerte
ändern sich durch den Einbau eines Filters nicht. Der Filter ist
wartungsfrei und soll ein Autoleben lang halten. Auf Leistung und
Verbrauch soll er keine spürbaren Auswirkungen haben, denn es soll nach
übereinstimmenden Quellen kein merklicher Gegendruck entstehen.
Und zum Schluss: der W123. Mit Oxi-Kat ausgerüstete Diesel und einige der letzten Baumonate (1984) kommen bekanntlich auf die Abgasnorm-Stufe Euro 1 (und nicht höher). Das alleine reicht nicht einmal auch nur für die unterste Feinstaub-Schadstoffgruppe mit der roten Plakette. Die wäre denn (sofern jemals ein RPF für diese Motoren angeboten wird) auch überhaupt das höchste der Gefühle. Gelbe oder gar grüne Plaketten können wir vergessen.
Offen ist, ob ein W123 ohne Oxi-Kat, aber mit Rußfilter die rote Stufe-1-Plakette bekäme. (Aber wer verzichtet schon freiwillig auf einen rund 230 Euro teuren Kat, der eine jährliche Steuerersparnis von rund 200 Euro (200D), 240 Euro (240D) oder 310 Euro (300D) bringt?)
Bleibt noch die Frage: Wohin damit? Ein Filter mit eingebauten Oxi-Kat käme wohl genau wie der Oxi-Kat ins Vorderrohr. Für einen separaten Filter dagegen wäre dort bei vorhandenen Oxi-Kat kaum noch Platz, folglich müsste er wohl ins Mittelstück eingesetzt werden. Denkbar wäre auch ein Einbau anstelle des Mittelschalldämpfers, wie es ihn für andere Fahrzeugtypen bereits gibt.
...und was ist mit Pöl? Was soll schon damit sein? Der Motor explodiert, der Filter verstopft schon beim Vorglühen und man kommt nicht in den Himmel. Nicht einmal für Biodiesel existieren derzeit irgendwelche Freigaben der RPF-Hersteller (immerhin laufen aber wohl bereits Tests). Aber als Pflanzenölfahrer ist man ja ohnehin daran gewöhnt, der erste zu sein, der "es einfach mal ausprobiert".
Weitere Infos. Viel Lesenswertes findet sich auf der Webseite des ADAC (http://www.adac.de) unter "Feinstaub":
http://tinyurl.com/qel4d (abgekürzter Link)
Auch HJS bietet in einer FAQ viele Informationen:
http://www.hjs.com/main04_3b.php
Bei Twintec gibt es auch eine Zusammenstellung von interessanten Medienberichten:
http://www.twintec.de/index.php?area=twin-tec&link=presse#wams
Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen, aber natürlich wie immer ohne Gewähr.